· 

Auf der Suche nach dem Ursprung des Schwibbogens - Teil 2

auf der suche nach dem ursprung des schwibbogens


Vor einem Jahr erhielt das Erzgebirge den Ritterschlag der UNESCO: die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří wurde am 6. Juli 2019 zum

UNESCO-Welterbe gekürt. Ehre und Aufwind für eine Region, die seit mehr als acht Jahrhunderten auf einzigartige Weise vom Bergbau

geprägt ist, wovon bis heute zahlreiche Zeitzeugen aus Architektur, Kunst und Handwerk erzählen. Auch die Erzgebirgische Holzkunst® ist

untrennbar mit der montangeschichtlichen Vergangenheit des Erzgebirges verbunden. Der Umgang mit dem Holz liegt den Erzgebirgern

seit Jahrhunderten im Blut. Schon immer war das Erzgebirge das Powerhouse von Sachsen. Wegweisende Technologien wurden hier geprägt,

angetrieben vom Bergbau als Motor. Auch der Sächsische Königshof strahlte bis ins Erzgebirge, wie Dr. Igor Jenzen vom Museum für Sächsische Volkskunst in Dresden im vergangenen Jahr mit seiner Ausstellung „Glück auf und ab im Erzgebirg. Der Bergmannsaufzug zur Fürstenhochzeit

1719 und seine Folgen für die Volkskunst.“ eindrucksvoll darlegte. Seine These: Engel und Bergmann, Pyramide und Schwibbogen, Lichterzauber und Räuchermann erzählen auch von Glanz und Gloria am Hofe Augusts des Starken. Sie entsprangen den schillernden Eindrücken der höfischen Jahrhunderthochzeit von 1719, als Kurfürst August der Starke seinen Sohn Friedrich August mit der Kaiserstochter Maria Josepha verheiratete.

Einen Monat lang dauerten die Festlichkeiten, den Höhepunkt bildete das Saturnfest, zu dem 1400 Bergleute aus dem Erzgebirge zu einer feierlichen Parade aufliefen. Die überwältigenden Eindrücke, die sie dort gewannen, verarbeiteten sie später in volkskünstlerischen Objekten – hell beleuchtete

Obeliske und Halbbögen bildeten das Vorbild für Pyramiden und Schwibbögen, als rauchende Türken verkleidete Soldaten wurden zu

Räuchermännern interpretiert, und sich selbst formten die Bergleute in ihrer schönsten Paradeuniform nach. 


Die aktuelle Jahresfigur aus der Drechslerei Breitfeld aus Annaberg-Buchholz zeigt einen Berggesell im

barocken Habit, wie es zum Saturnfest bei der großen Fürstenhochzeit von 1719 getragen wurde. Die originalgetreue Nachbildung historischer Bergmannstrachten in hochwertig gedrechselten

Sammelfiguren ist eine Spezialität von Drechslermeister Jens Breitfeld, der er sich mit Hingabe und hoher Detailtreue widmet. Je nach Kundenwunsch wird die Sammelfigur mit oder ohne Kerzenhalter oder mit Froschlampe gefertigt. Exklusiv in den Geschäften des Fachhandelsrings Erzgebirgische Volkskunst

erhältlich ist auch der Bergälteste in drei verschiedenen Ausführungen.

 

Berggesell

Drechslerei Breitfeld 

 

Bahnhofstr. 23, 09456 Annaberg-Buchholz

 

Tel.:03733/22687

 

www.drechslerei-breitfeld.erzgebirgskaufhaus.de


„Dass das Erzgebirge zum UNESCO-Welterbe

ernannt wurde, hat mich riesig gefreut“, sagt

Wolfgang Braun aus Deutschneudorf. „Das hat die Montanregion mit ihrem reichen kulturellen Erbe wahrlich verdient.“ Der Kunsthandwerker nahm die Verleihung des Welterbe-Titels zum Anlass, vier der Objekte in seinen „Drehkastln“darzustellen. Dreht man das detailreiche Mini- Motiv nach innen, passt das hölzerne Drehkastl perfekt ins Reisegepäck oder in die Hosentasche – so hat man die UNESCO-Welterbestätte Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří immer dabei.

 

Drehkastln

Erzgebirgische Holzkunst Wolfgang Braun

Oberlochmühle 13, 09548 Deutschneudorf

 

Tel.: +49 (0) 37368 453

 

 

www.holzkunst-braun.de

Die Eisenbahn spielt in der Geschichte des Erzgebirges

eine tragende Rolle und war ein wichtiger Motor des technischen Fortschritts. Bis heute erschließen

mehrere Linien der Erzgebirgsbahn die Region von Flöha nach Neuhausen und über Cranzahl bis ins tschechische Vejprty, von Chemnitz nach Aue und von Zwickau nach Johanngeorgenstadt. Dazu kommen idyllische Kleinbahnlinien wie die Preßnitztalbahn oder die Fichtelbergbahn, die sich vor allem bei Dampfbahnenthusiasten und Touristen großer Beliebtheit erfreuen. Die Holzwerkstatt Weisbach aus Zwönitz greift dieses für die Montanregion so prägende Thema auf und präsentiert in diesem Jahr auf

einem mechanischen Lichterbogen eine Kleinbahn mit fahrenden Zügen.

 

Mechanischer Schwibbogen

Holzwerkstatt Weisbach

Dorfstr. 49, 08296 Zwönitz / OT Brünlos

Tel.:037296/83668

www.holzwerkstatt-weisbach.de



Stellvertretend für die Debatte, die Igor Jenzens These auslöste, zitieren wir einen Beitrag von Jörg Bräuer, Kurator der Städtischen Museen

in Annaberg-Buchholz und damit auch verantwortlich für die Manufaktur der Träume, die eine der weltweit größten Privatsammlungen

Erzgebirgischer Volkskunst® beherbergt:

 

"Man muss sich den Thesen von Dr. Igor Jenzen mit besonderer Vorsicht nähern, was er im Übrigen und in weiser Voraussicht selbst empfiehlt.

Die zugespitzte Frage, ob denn alles vom Bergwerk her komme, würde ich getrost und mit ihm gemeinsam mit ‚nicht alles‘ beantworten.

Was wären die Bergleute beispielsweise ohne die Bauern, die für das täglich Brot sorgten und lange vor den Knappen das wilde Gebirge urbar machten. Natürlich bleibt zu bedenken, dass die Spruchweisheit ‚Alles kommt vom Bergbau her‘ im heutigen Sprachgebrauch meist im übertragenen Sinn verwendet wird. Auch bei der Beantwortung der Frage, ob die Bergleute eine ganze Jahreszeit lang im ganztägigen Dunkel darben mussten,

stimme ich mit Dr. Jenzen überein. Denn egal, zu welcher Schicht sie nach der Bergordnung Herzog Georgs von 1509 anfuhren, von vier bis zwölf oder von zwölf bis abends acht, irgendwann war auch das Tageslicht da. Außen vor bleiben bei dieser Betrachtung die Eigenlehner, die in

ihren Gruben keine Schichten und geregelten Arbeitszeiten kannten. Ungeachtet des Gesagten spielt die Lichtsymbolik und die Lichtsehnsucht in doppelter Hinsicht eine überragende Rolle in der Erzgebirgsweihnacht: Zum einen als Ausdruck des tief verwurzelten christlichen Glaubens und zum anderen in der Unabdingbarkeit des Vorhandenseins von Licht unter Tage und seiner Übertragung nach über Tage in eine gerade im Gebirgswinter lichtarme Zeit. Damit endet allerdings schon der grundsätzliche Zustimmungskanon und es muss differenziert werden. Der Wertewandel vom armen, notleidenden Bergmann, der sich nebenher mit seinem Acker oder mit der Herstellung hölzerner Waren durchs Leben schlagen musste,

hin zum von lauter Glanz und Gloria erfassten, ins Paradies blickenden Knappen wirkt ungelenk. Auch dass die Masse der Bergleute

stolz darauf war, ihrem König diesen Reichtum verschafft zu haben, während zu Hause vielleicht die Familie hungern musste, erscheint zweifelhaft.

Eher vermute ich bei den bergmännischen Teilnehmern des Saturnfestes die eine oder andere geballte Faust beim Anblick dieser unermesslichen Verschwendungssucht. Denn den meisten Bergleuten wird die Abzahlung des verordneten Berghabits aus eigener Tasche noch bevorgestanden haben. Generell bleibt zu bezweifeln, dass die teilnehmenden Bergleute gerade in der Festgesellschaft Augusts des Starken das

Paradies erblickt haben sollen. Dazu waren ihre Glaubensvorstellungen wohl zu fest verankert. Was ist nun die Quintessenz des Gesagten:

Die Wirkung des grandiosen Berghäuerfestes vom 26. September 1719 auch ins Erzgebirge hinein ist nicht zu unterschätzen.

Angemahnt sei dennoch eine differenzierende Sichtweise statt einer 180-Grad-Wende, die gleich mit einer neuen und revolutionären

Erzgebirgsgeschichte aufwartet. Die Quellen des reichen bergmännischen Weihnachtsbrauchtums waren und sind vielfältig und manchmal

auch voller Spannung und Widersprüche. Sie sind bis heute nicht versiegt und sprudeln weiter, genau hier im Erzgebirge und

das so stark wie lange nicht – dem Welterbe sei Dank.

Jörg Bräuer, Kurator der Städtischen Museen in Annaberg-Buchholz


Kommentar von Dieter Uhlmann

Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes erzgebirgischer

Kunsthandwerker und Spielzeughersteller e. V.

 

In der letzten Ausgabe hatten wir an dieser Stelle die Thesen von Igor Jenzen, Direktor des Museums für Sächsische Volkskunst in Dresden, zu den Wurzeln der Erzgebirgischen Volkskunst® vorgestellt und zur Diskussion aufgerufen. Es ist erfreulich, dass dies in sehr breitem Umfang erfolgte, nicht nur aufgrund unserer und weiterer Veröffentlichungen, sondern auch durch zahlreiche Veranstaltungen zu diesem Thema. Das zeigt das große Interesse an dieser Fragestellung. Da die Diskussionen aus nachvollziehbaren Gründen – stellen die Thesen von Igor Jenzen doch jahrhundertelang gepflegte Narrative zum Erzgebirge teilweise in Frage – oftmals sehr emotional geführt wurden, trat dabei allerdings unser ursprüngliches Anliegen etwas in den Hintergrund. Sicherlich ist es richtig, dass nicht alles im Erzgebirge und so auch in der Erzgebirgischen Volkskunst® „vom Bergwerk her kommt“, aber wesentliche Teile schon, wie u. a. Albrecht Kirsche erst jüngst schrieb*. Auch „die Sehnsucht nach dem Licht“ des Bergmanns ist verbürgt, insbesondere bei seiner Arbeit unter Tage und in Verbindung mit seinem christlichen Glauben. Die Herkunft des Erzgebirgischen Schwibbogens® und der Erzgebirgischen Pyramide® nur auf das 1719 stattgefundene  Saturnfest zurückführen zu wollen, auch wenn dieses vermutlich Anregungen dafür gab, greift ebenfalls zu kurz. Auch die These zum Wohlstand der Bergleute muss differenziert betrachtet werden. Neben den relativ gut situierten Bergmännern im Silberbergbau gab es auch viele ärmere Bergleute. Die vorstehenden Feststellungen sollen noch einmal verdeutlichen, dass es uns um eine vorurteilsfreie Diskussion der Geschichte des Erzgebirgischen Kunsthandwerks® ging und geht – nicht um eine abschließende Meinung dazu. Der zweite Aspekt dieser Diskussion, welcher für mich noch wichtiger erscheint, ist die damit verbundene Frage der Wertigkeit der Erzgebirgischen Volkskunst®. Ich denke, die Diskussion, basierend auf Igor Jenzens Thesen, hat auch verdeutlicht, dass bei allen wirtschaftlichen Problemen des Erzgebirges in der Vergangenheit das Erzgebirgische Kunsthandwerk® nicht nur aus der Not verarmter Bergleute entstanden ist, sondern ein wertvolles sächsisches und damit auch deutsches Kulturgut ist. Diesen Gedanken auch in Verbindung mit dem UNESCO Welterbe-Titel für die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří weiter zu vertiefen und  sichtbar zu machen, sollte auch zukünftig ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Anliegen sein – nicht nur für die Branche des Erzgebirgischen Kunsthandwerks®, sondern für alle Freunde der Erzgebirgischen Volkskunst®.

* Dr. Albrecht Kirsche in „Mitteilungen des Landesverbandes Sächsischer Heimatschutz e. V.“ 1/2020


Der neue, moderne Lichterbogen aus dem Hause Müller in Seiffen besticht durch seine stilvolle Farbkombination: Naturholz für den Bogen und farbig lasierte Figuren. Ein neuartiges LED-Lichtband sorgt

für eine dezente indirekte Beleuchtung mit einem angenehm warmen Licht, das das klassische Motiv von Christi Geburt stimmungsvoll

in Szene setzt. So kommen die feine Farbgebung und die Struktur

des Holzes besonders schön zur Geltung. Die hochwertige Verarbeitung des Holzes spiegelt sich auch in den sanft gerundeten Kanten,

die die edle Erscheinung dieses Lichterbogens noch verstärken.

Der Erzgebirgische Schwibbogen® ist tief in der bergmännischen Tradition verwurzelt und wird seit Jahrhunderten immer wieder neu interpretiert. Eine Besonderheit dieses modernen Lichterbogens

aus dem Hause Müller in Seiffen ist die Kombination aus Naturholzbogen

mit farbigen Figuren.

 

Lichterbogen

Kleinkunst aus dem Erzgebirge® Müller GmbH

Hauptstr. 154 B, 09548 Kurort Seiffen
Tel.: +49 (0) 37362/ 87-0
www.mueller.com

Auch die Firma Raum- und Tafelschmuck Gabriele Günther nahm die

Verleihung des Welterbe-Titels zum Anlass, die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří mit besonderen Figuren zu ehren. Ein Lichterengel und Lichterbergmann im

Mini-Format von sieben Zentimetern und ein Schwibbogen

in Grau-Anthrazit mit weißen Engelsfiguren erzählen von den

reichen Traditionen des Erzgebirges und führen diese mit ihrer modernen Gestaltung in eine neue Zeit.

Für den hilfsbereiten Kollegen, die nette Nachbarin

oder die Freundin, die immer für einen da ist: Der

neue Danke-Engel ist ein nettes Mitbringsel und

Dankeschön für alle Gelegenheiten.

 

 

Schwibbogen

rauta Raum- und Tafelschmuck Gabriele Günther

Schloßstraße 6, 01594 Neuhirschstein

Tel.:035266/80015

www.rauta.de



Bild- und Herstellernachweis:

 

Berggesell, Drechslerei Breitfeld, Annaberg-Buchholz

Drehkastln, Holzkunst Wolfgang Braun, Oberlochmühle

Mechanischer Schwibbogen, Holzwerkstatt Weisbach, Zwönitz

Dieter Uhlmann, Stellvertretender Vorsitzender des Verbandes erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller e. V.

Lichterbogen, Kleinkunst aus dem Erzgebirge Müller, Seiffen

Schwibbogen,  rauta Raum- und Tafelschmuck Gabriele Günther, Neuhirschstein